08.10.2021

Der Fall Kevin

Ein Rückblick nach 15 Jahren
 

15 Jahre liegt der „Fall Kevin“ nun schon zurück - Am 10. Oktober 2006 wurde die Leiche des zweijährigen Kevin im Kühlschrank der Wohnung des drogensüchtigen Ziehvaters Bernd K. in Gröpelingen gefunden. Zu diesem Zeitpunkt stand Kevin unter dem Schutz des Jugendamtes, das die Amtsvormundschaft übernommen hatte. Die spätere Aufarbeitung zeigt, dass Kevin in seinem kurzen Leben keinen Schutz erhalten hat – das System hat zweieinhalb Jahre lang versagt.

Dr. Jürgen Stein vom Diakonischen Werk Bremen e.V. war während der Aufarbeitung Mitglied im Jugendhilfeausschuss und erinnert sich noch gut an diese Zeit: „Was aus meiner Sicht besonders gefehlt war, war ein geregeltes Verfahren, wie Meldungen über mögliche und ganz akute Kindeswohlgefährdungen - die es bei Kevin ja zu Hauf gegeben hat - schnell auf die fachlich verantwortliche und entscheidungsfähige Ebene kommen. So, dass sich nicht eine einzelne Person damit befasst, sondern ein Team oder Tandem von Fachkräften. Und so, dass von dort aus auch eine dokumentierte Reaktion erfolgen muss.“

Das Versagen des Systems ist in einem ausführlichen Bericht aus dem Jahr 2006 des damaligen Justizstaatsrats und heutigen Innensenator Ulrich Mäurer dokumentiert. Der Bericht macht deutlich, dass die Gefährdungslagen nicht erkannt oder falsch eingeschätzt wurden.

„Es ist in meinen Augen wichtig, dass die Öffentlichkeit eine Möglichkeit hat, die Gefährdung eines Kindes oder Jugendlichen rund um die Uhr zu melden. Dabei darf es keinen Freitagnachmittag geben, an dem man niemanden erreicht – an solchen Freitagnachmittagen sind auch im Fall Kevin einige entscheidende Vorgänge leider ohne Wirkung geblieben“, betont Stein. Das Bremer Kinder- und Jugendschutztelefon ist der (bisher wohl erfolgreiche) Versuch, dies zu erfüllen – lobt Stein.

Das Kinder- und Jugendschutztelefon unter der Rufnummer 6 99 11 33 ist dafür in Bremen da. Es ist rund um die Uhr erreichbar. Montag bis Freitag in der Zeit von 8 bis 16:30 Uhr werden die Meldungen von den Koordinatorinnen des Kinder- und Jugendnotdienstes angenommen und an den Sozialdienst Junge Menschen im zuständigen Sozialzentrum weitergeleitet. Außerhalb dieser Zeiten, nachts und am Wochenende, stellt ein Rufbereitschaftsdienst den Zugang zu unmittelbarer Hilfe für Kinder und Jugendliche in Krisen- und Gefährdungssituationen sicher.

„Der Schutz von Kindern und Jugendlichen hat – und muss auch – oberste Priorität haben. Der Fall Kevin war und ist traumatisch. Doch ich bin dankbar, dass eine so gründliche Aufarbeitung stattgefunden hat, das System verändert wurde und der Fall bis heute nicht vergessen ist“, so Stein.  Kevin wäre inzwischen 17 Jahre alt.

Text: Regina Bukowski


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