08.11.2024

Sechs Bausteine für eine gute Pflegereform 

 

Die Probleme in der Pflege sind seit langem bekannt: Die bereits sehr hohen Eigenanteile für Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen steigen weiter, es fehlt an Personal und an Angeboten zur Entlastung von Angehörigen. Fünf Millionen Menschen sind in Deutschland pflegebedürftig; mehr als drei Viertel von Ihnen werden zuhause von Angehörigen versorgt. Ohne Gegensteuern droht der Pflegeversicherung 2025 die Zahlungsunfähigkeit – und den Versicherten eine Kostenexplosion.

Die Bundestagswahl 2025 eröffnet die Chance, die Pflege im Interesse von Millionen Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen zukunftsfest zu machen. Knapp ein Jahr vor der Wahl zieht die Diakonie Deutschland eine pflegepolitische Bilanz und stellt sechs Bausteine für eine gute Pflegereform vor.

 

1. Pflegende Angehörige: die wichtigste Kraft in der Versorgung

Pflegende Angehörige sind heute und in Zukunft die wichtigste Kraft in der pflegerischen Versorgung in Deutschland. Zu ihrer Stärkung braucht es mehr Beratungs- und Entlastungsangebote sowie finanzielle Absicherung, unter anderem durch Lohnersatzleistungen, Rentenansprüche und flexible
sowie überschaubare Leistungen.

2. Pflegebedürftigkeit und Prävention

Mit steigender Lebenserwartung steigt das Risiko, pflegebedürftig zu werden. Prävention in der Pflege hat das Potenzial, die Selbstständigkeit älterer pflegebedürftiger Menschen möglichst lange zu erhalten und die Zeitspanne mit Pflegebedarf möglichst kurz zu halten. Reha- und Präventionsleistungen werden durch die Kranken- und Pflegeversicherung rudimentär gewährt und müssen stark ausgebaut werden.

3. Pflegevollversicherung mit begrenzter Eigenbeteiligung

Die derzeitigen Leistungen der Pflegeversicherung decken nur einen geringen Teil der Kosten für Pflege. Die Eigenanteile steigen immens, und immer mehr Menschen können sich die Pflege nicht mehr leisten. Für Versicherte ist nicht absehbar, ob sie von der Pflegeversicherung mit ausreichenden Leistungen versorgt werden. Das widerspricht den Grundsätzen der Sozialversicherung und dem Leistungsversprechen der Pflegeversicherung. Wir brauchen daher eine Pflegevollversicherung mit begrenzter Eigenbeteiligung, die die notwendigen pflegerischen Leistungen abhängig vom Grad der Pflegebedürftigkeit trägt. Die oder der Pflegebedürftige muss dazu einen festen Betrag selbst bezahlen. Damit wird das Risiko der Pflegebedürftigkeit über die Sozialversicherung abgesichert. Für die begrenzte Eigenbeteiligung kann privat vorgesorgt werden.

4. Digitalisierung – Chancen und Grenzen

Der Ausbau und der Einsatz von digitaler Technologie in der Pflege ist nötig, um die sich verändernden Anforderungen und Bedürfnisse in einer alternden Gesellschaft zu meistern. Dabei muss sichergestellt werden, dass die Pflegekräfte nicht zusätzlich belastet werden. Digitale Technologien müssen daher bürokratiearm umgesetzt werden, die Kommunikation zwischen den Akteur:innen, wie Ärzt:innen und Therapeut:innen, Apotheken, Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern, sichergestellt und refinanziert werden.

5. Pflegeberufe stärken


Damit Pflegekräfte ihren Wunschberuf bis zum Rentenalter ausüben können, müssen die Arbeitsbedingungen weiter verbessert werden. Eine angemessene Bezahlung, mehr Zeit für die zu versorgenden Menschen, verlässliche Dienstplangestaltung und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind zentrale Anliegen der Pflegekräfte. Die Bezahlung von Pflegekräften ist in den letzten Jahren auf ein überdurchschnittliches Niveau angestiegen. Ein neuer Qualifikationsmix sowie flexible Dienstplangestaltung sind Ansätze für attraktive Arbeitsbedingungen, die von Arbeitgebern und Arbeitgeberinnen eingeführt werden.
Mit der Neugestaltung der Pflegefachassistenz- und Pflegefachkraftausbildung und dem Pflegekompetenzgesetz werden die Aufgaben der Pflegekräfte neu ausgestaltet und die Pflegeberufe gestärkt, um einen ressourcenschonenderen Personaleinsatz für eine gute pflegerische Versorgung zu gewährleisten. All dies ist jedoch mit weiteren Kosten verbunden, sodass eine verlässliche Pflegeversicherung von zentraler Bedeutung ist. Auch Entbürokratisierung bietet viele Potenziale für mehr Zeit für den zu pflegenden Menschen und Entlastung der Pflegekräfte. 90 Prozent aller Pflegenden sehen sich übermäßig durch bürokratische Auflagen beansprucht.

6. Pflege und Unterstützung vor Ort

Mit dem Älterwerden brauchen Menschen zunehmend Unterstützung, um entsprechend ihrer Wünsche und Vorstellungen leben zu können. Alle Menschen wollen trotz Krankheit oder Pflegebedürftigkeit auch im Alter in ihrer gewohnten Umgebung leben. Flexible und familiäre Wohn- und Pflegesettings, wie zum Beispiel Wohngemeinschaften, Nachbarschaftshilfe, Freizeit- und Begegnungsangebote oder auch medizinische und pflegerische Versorgungszentren müssen daher wohnortnah geschaffen werden. Dies gelingt nur, wenn die Kommunen (das heißt Gemeinden, Kreise oder Städte) zur bedarfsgerechten Altenhilfeplanung und deren Sicherstellung verpflichtet werden, die die Bedürfnisse älterer Menschen vor Ort erfasst und in der gesamten regionalen Infrastruktur berücksichtigt.

Wir müssen als Gesellschaft zusammenhalten und uns für gute Pflege einsetzen – vor Ort und im ganzen Land. 


Die Bundestagswahl 2025 bietet die Chance, gute Pflege zukunftssicher zu machen – für Millionen Pflegebedürftige und ihre Angehörigen. 
Was Sie tun können, um gute Pflege zukunftssicher zu machen? 
Machen Sie sich #StarkFuerPflege und unterschreiben Sie unsere Petition.

Weitere Informationen finden Sie hier.
 

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„Ich bin kein Einzelgänger und will es auch im Alter nicht sein, wenn ich Pflege brauche. Wir müssen den Zusammenhalt stärken und brauchen dafür jetzt eine Pflegereform: Wir müssen uns #StarkFuerPflege machen! “ ­fordert Benno Fürmann.

„Bis zum Jahr 2049 werden voraussichtlich bis zu 690.000 Pflegekräfte fehlen. Schon jetzt gibt es in allen Bereichen zu wenig Personal. Ich frage mich ernsthaft: Wo bleibt der Aufschrei? Wer heute die Augen vor dieser Problematik verschließt, wird früher oder später sein blaues Wunder erleben. Pflege geht uns alle an – und die Zeit läuft uns davon!“ mahnt @pfleger.ricardo.

„Für’s gut fühlen im Alter braucht es einfach ein gutes Umfeld. Das fiel mir immer wieder bei meinen journalistischen Recherchen auf. Ich möchte später auf großartige Menschen zählen können. Und dafür braucht es Rahmenbedingungen, Kommunen müssen mehr Unterstützung bieten. Wir benötigen jetzt eine Pflegereform, die Gemeinschaft und Nachbarschaft stärkt“, so @chernojobatey.

„Bei Pflege im hohen Alter denke ich im Augenblick nur: Wie soll das werden, so wie es schon heute um die Pflege steht? Wer wird unter den jetzigen Bedingungen in Zukunft bereit sein, diese Verantwortung zu übernehmen? Wir brauchen dringend eine Pflegereform für eine würdevolle Situation - für Gepflegte und Pflegende”, fordert @olivermommsen.

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