"Menschen in der Pflege verdienen mehr Anerkennung"
Diakonievorständin Karin Altenfelder besucht Bremer Zentrum für Pflegebildung
Mit offenen Augen, einem Schnuller im Mund und adrett gekleidet liegen die beiden im Bettchen. Sophia Schruteck kommt ins Zimmer, desinfiziert sich die Hände, streichelt einer Baby-Puppe zur Begrüßung sanft über die Brust, um dann auf dem Wickeltisch alles bereitzulegen – genauso, wie Eleni Tsirakidis es gerade ihr und fünf weiteren Pflegeschüler*innen ausführlich gezeigt und erklärt hat. „Säuglingspflege“ steht an diesem Montag auf dem Stundenplan im Bremer Zentrum für Pflegebildung. Landesdiakoniepastorin Karin Altenfelder ist mit dabei – um sich einen Einblick zu verschaffen, wie die Auszubildenden auf ihren wichtigen Beruf vorbereitet werden. Aber auch um zu zeigen, welche Bedeutung das Thema Pflege hat.
"Ein Tag der Pflegenden reicht nicht aus"
Die bundesweiten Statistiken sind alarmierend: Die Anzahl der Pflegebedürftigen wird wachsen – und damit auch der Bedarf an Pflegekräften. Die Bertelsmann Stiftung hat errechnet, dass bis zum Jahr 2030 bis zu 500.000 Vollzeitkräfte fehlen werden. „Wir haben dabei nicht nur einen Fachkräftemangel, sondern auch einen Arbeitskräftemangel in der Pflege allgemein“, betont Diakonie-Vorständin Karin Altenfelder. Obwohl gerade in diakonischen Einrichtungen eine gute Bezahlung auf die Beschäftigten warte und es viele unterschiedliche Einsatzbereiche gebe, mangele es an einem positiven Image und an sozialer Anerkennung . „Ein Tag der Pflegenden, wie er am 12. Mai begangen wird, reicht da nicht aus.“
Bewerbung bei Schule oder bei den Trägern
Das Bremer Zentrum für Pflegebildung tut aktiv etwas für mehr Fachkräfte in der Pflege. Wer in der Schule am Sankt-Pauli-Deich eine Ausbildung in der Pflege anstrebt, der kann zwischen zwei Wegen wählen: der zweijährigen zur Gesundheits- und Krankenpflegefachhilfe oder der dreijährigen zur Pflegefachkraft. „Interessierte können direkt bei uns bewerben oder bei einem unserer Träger“, sagt die stellvertretende Schulleiterin Daniela Reinhardt. Zu diesen Trägern gehören neben der Diakonie Bremen das DIAKO Krankenhaus, das St. Joseph-Stift, die Caritas, das Rotes Kreuz Krankenhaus und die DRK Schwesternschaft.
Seit 2020 wird generalistisch ausgebildet, d.h. es wird zum Beispiel nicht mehr zwischen Altenpflege und Kinderkrankenpflege unterschieden – alle lernen alles.
Die fünf Schülerinnen und der eine Schüler, die im Praxisraum in der 1. Etage an diesem Morgen etwas über Säuglingspflege erfahren, haben im Oktober 2023 ihre Ausbildung begonnen. Eindringlich, anschaulich und sympathisch zeigt Lehrerin Tsirakidis, wie man einen Säugling korrekt wickelt, ihn kinästhetisch aufnimmt und ablegt, Fieber misst, aus- und anzieht. Dann sind die Schüler*innen an der Reihe. Hygiene ist alles: Bevor sie das Baby berühren, haben sie sich schon viermal die Hände desinfiziert. Sophia Schruteck hat kaum Probleme, ist sie doch Mutter einer anderthalbjährigen Tochter. „Ich habe im DIAKO mit der dreijährigen Ausbildung begonnen, und es macht mir wirklich Spaß“, sagt sie. Nur ihre empfindliche Haut ist durch das häufige Desinfizieren schon etwas mitgenommen.
Start des Vorbereitungskurses für die Prüfung zur Pflegefachhilfe
Im Erdgeschoss sitzen derweil „500 Jahre Erfahrung in der Pflege“ zusammen. An diesem Tag startet der Vorbereitungskurs für die Prüfung zur Pflegefachhilfe. 14 Frauen und zwei Männer wollen sich ihre Kompetenz in der Pflege endlich zertifizieren lassen. Daniela Reinhardt bespricht mit ihnen, wie sie am besten das Lernen in ihren Alltag integrieren. „Gemeinsam schaffen wir das!“ ist das positive Credo im Kurs, in dem die gute Stimmung greifbar ist. Noch einmal im fortgeschrittenen Alter die Schulbank drücken, trotz vieler Verpflichtungen für die Familie – Karin Altenfelder ist beeindruckt und wünscht den Teilnehmenden viel Glück für diese Herausforderung. „Auch diese Maßnahme ist ein Baustein, um den Fachkräftemangel zu verringern“, sagt die Diakonie-Vorständin.
Nebenan beginnt ein anderer Weg in die Pflege: Hier treffen sich 16 junge Frauen und Männer, um ihre Kenntnisse in „Körperpflege“ zu vertiefen. Sie gehören zu den 26, die just im April ihre Ausbildung begonnen haben und demnächst in ihre erste praktische Einheit gehen. Lehrerin Sabine Gransberger hat für diesen Tag Gruppenarbeit vorgesehen, es geht um die Mundhygiene. Die Infos dazu gibt es über die Lernplattform Moodle, über die die Schüler*innen sich viel selbst aneignen, die Lehrkräfte aber auch überprüfen können, ob der Lernstoff angekommen ist. Bevor es an die Aufgaben geht, dankt Karin Altenfelder den Auszubildenden: „Es ist toll, dass Sie sich für die Pflege entschieden haben.“
Bereits kurz vor dem Ziel ist die Klasse, die die Diakonie-Vorständin noch am Nachmittag trifft: Hier ist die Vorbereitung auf das Examen in der kommenden Woche in vollem Gange. Was nach den Prüfungen ansteht, ist für die meisten klar. Sie haben bereits einen Arbeitsplatz: im Krankenhaus, in der Notaufnahme, in der Altenpflege. Sie wissen, was auf sie zukommt. Und sie wissen, dass sie überall händeringend gebraucht werden.
"Berufe in der Pflege haben daher eine hohe gesellschaftliche Relevanz – die Menschen, die diese ausüben, sollten dies nicht nur einmal im Jahr hören. Hier ist die Politik genauso gefragt wie jeder einzelne."
„Ob Pflegefachhilfe oder Pflegefachkraft – in unserem Gesundheitssystem sind wir auf jede und jeden angewiesen. Dadurch, dass das Bremer Zentrum für Pflegebildung umfassend ausbildet, leistet es einen wichtigen Beitrag für alle Menschen in Bremen – denn jeder kann von einem auf den anderen Tag auf Pflege angewiesen sein“, sagt Karin Altenfelder. „Berufe in der Pflege haben daher eine hohe gesellschaftliche Relevanz – die Menschen, die diese ausüben, sollten dies nicht nur einmal im Jahr hören. Hier ist die Politik genauso gefragt wie jeder einzelne.“
Wer sich über die Ausbildung informieren möchte, findet alle Infos auf der Website des Pflegezentrums.
Auch das Friedehorst Kolleg bildet für die Pflege aus. Hier finden Sie alle Informationen.
Ein FSJ in der Pflege ist eine gute Gelegenheit, um auszuprobieren, ob das Berufsfeld passt. Die Diakonie Bremen vermittelt unterschiedlichste Stellen in der Pflege. Hier erfahren Sie mehr.