05.11.2019

Vor Altersarmut schützen

Landesdiakoniepastor zur geplanten Grundrente

 

Leben in Armut bedeutet materielle und auch soziale Ausgrenzung. Darum ist die Idee hinter der Grundrente ehrenwert und grundsätzlich eine gute und sinnvolle Investition des Sozialstaats.

In Bremen sind laut dem zweiten Armuts- und Reichtums-Bericht etwa ein Drittel der Kinder und ein Viertel der Erwachsenen von Armut betroffen. Armut hat viele Ursachen – ein höheres Armutsrisiko tragen Langzeitarbeitslose, prekär Beschäftigte und auch viele Alleinerziehende.

Ein Thema von besonderer Bedeutung ist auch das Thema Altersarmut.

"Die Grundrente bewerte ich insgesamt positiv. Sie entspricht in weiten Teilen den Forderungen der Diakonie. Um Altersarmut wirksam zu bekämpfen, werden aber vor allem der Niedriglohnsektor einzuschränken und ein armutsfester Stundenlohn zu zahlen sein."

 

Landesdiakoniepastor Manfred Meyer: "Während die Armutsquote in der Stadt Bremen bei der Altersgruppe über 65 Jahren in den vergangenen Jahren relativ stabil bei 16 bis 17 Prozent liegt, ist sie in Bremerhaven angestiegen. Jeder fünfte war dort 2010 von Armut bedroht – 2017 war es schon jeder vierte. Und die Mehrheit der über 65-Jährigen verdient sich neben der Rente noch etwas dazu, zumal die in den letzten Jahren deutlich gestiegenen Mieten immer größere Anteile der Rente betreffen.

In Deutschland ist die gesetzliche Rente die Haupteinnahmequelle für ältere Menschen. Wer in seiner Erwerbstätigkeit ein höheres Einkommen erzielt, zahlt mehr in die gesetzliche Rentenversicherung ein und erhält später auch eine höhere Rente. Dieses System hat über Jahrzehnte gut funktioniert, stößt aber gegenwärtig an Grenzen seiner Leistungsfähigkeit.

Lücken in der Beitragszahlung wegen Arbeitslosigkeit, Erziehungs- und Pflegezeiten oder Zeiten mit geringen Beitragszahlungen etwa durch Teilzeitarbeit führen zu niedrigen Renten. Die bisherigen Sicherungssysteme reichen nicht mehr aus. Immer weniger Menschen arbeiten ein Leben lang durchgängig in Vollzeit. Viele Erwerbsbiografien sind unterbrochen. Die Arbeitslosigkeit hat zugenommen genauso wie prekäre, befristete und geringfügige Beschäftigung. Frauen mit geringen – oder ganz ohne – Rentenansprüchen sind im Alter auf Grundsicherung angewiesen, wenn die Ehe scheitert. Daher sind Frauen häufiger von Altersarmut betroffen als Männer. Aber selbst langjährige Beitragszahlungen garantieren keine auskömmliche Rente mehr.

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Die Grundrente ist ein Zuschlag auf die Rentenansprüche von Geringverdienern, die 35 Beitragsjahre durch Arbeit, Kindererziehung oder Pflege haben. Nach einem langen Erwerbsleben mit regelmäßigen Einzahlungen in die Rentenversicherung sollen Menschen im Alter mehr Rente erhalten als die Grundrente.

Dieses Vorgehen halte ich für sinnvoll, um mit Hilfe der Grundrente Betroffene vor Altersarmut zu schützen und einen Lebensstandard zu sichern, der oberhalb des Existenzminimums liegt. Ich begrüße die angekündigte, unbürokratische, automatisierte Umsetzung und eine Einkommensprüfung über den Abgleich zwischen der Rentenversicherung und den Finanzämtern. Dies kann die verdeckte Armut von Rentnern und Rentnerinnen beenden, die sich schämen nach 35 Jahren Erwerbstätigkeit einen Antrag auf Sozialhilfe zu stellen.

Gerade für Frauen ist die neue Grundrente ein wichtiger Schritt, da gerade Frauen oft im Niedriglohnsektor gearbeitet haben und jetzt häufiger von Armut im Alter betroffen sind. Dass diese Gruppe von der neuen Grundrente profitiert begrüße ich, denn es ist für Frauen eine wichtige Anerkennung ihrer Lebensleistung. Ein Leben im Alter in Armut darf nicht das Ergebnis dieser Leistung sein!

Die Grundrente bewerte ich insgesamt positiv. Sie entspricht in weiten Teilen den Forderungen der Diakonie. Um Altersarmut wirksam zu bekämpfen, werden aber vor allem der Niedriglohnsektor einzuschränken und ein armutsfester Stundenlohn zu zahlen sein.

Weiter muss an der Abschaffung der Ungleichbehandlung der gesetzlichen Rente gegenüber privater Vorsorge gearbeitet werden, um ein gemeinsames Versicherungssystem zu schaffen."

Text: Regina Bukowski

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