"Ich vermisse die Wertschätzung ehrenamtlicher Arbeit"
Landesdiakoniepastorin Karin Altenfelder mahnt zum Tag der Wohnungslosen eine Langzeitstrategie für den Bremer Hauptbahnhof an
Anstieg der Kriminalitätsrate, immer mehr Crack-Konsumierende, zu viel Müll: Der Bremer Hauptbahnhof sorgt für negative Schlagzeilen. In diesen Strudel dürfen die wohnungslosen Menschen nicht geraten – und auch nicht die vielen gemeinnützigen Vereine und Initiativen, die sich um diese mit vollem Einsatz kümmern. Karin Altenfelder, Vorständin der Diakonie Bremen und Landesdiakoniepastorin, betont: „Es gibt viele Menschen inner – und außerhalb der Diakonie, die die Not sehen, sich seit langem engagieren und damit auch Aufgaben übernehmen, die eigentlich Sache der Kommune sind.“
Eine Wertschätzung dieser Arbeit von Seiten der Behörden vermisst sie derzeit. Tendenzen, Obdachlose und ihre Unterstützer*innen aus dem Bahnhofsumfeld, in dem sich auch die Geschäftsstelle der Diakonie Bremen befindet, zu vertreiben, bereiten Karin Altenfelder deshalb zunehmend Sorgen. Zum Tag der Wohnungslosen (11. September) fordert sie eine Kursänderung. „Die reine Vertreibungspolitik hat uns bislang keinen Schritt weitergebracht. Ein bloßes ,Entsorgen‘ wird das Problem niemals lösen. Es müssen Akzeptanzräume geschaffen werden, und diese können nicht am Stadtrand liegen. Für Menschen ohne ein eigenes Dach über dem Kopf stellt der Bahnhof das Wohnzimmer dar.“ Die Bremer Diakonie-Vorständin betont, dass es selbstverständlich ein Miteinander geben müsse. „Der Bahnhof muss für alle Bremerinnen und Bremer und alle Gäste ein akzeptables Umfeld sein.“
"Die reine Vertreibungspolitik hat uns bislang keinen Schritt weitergebracht. Ein bloßes ,Entsorgen‘ wird das Problem niemals lösen."
Die Pastorin findet es bemerkenswert, wie viele Unterstützende es gibt. „Sie finanzieren Lebensmittel, Schlafsäcke und Kleidung für diejenigen, denen es an allem fehlt.“ Der vermehrt geäußerte Vorwurf, zeitlich begrenzte Essensausgaben wie zum Beispiel die des Kältebusses der Johanniter würden Wohnungslose an den Hauptbahnhof „locken“, empfindet Karin Altenfelder als haltlos. Obdachlose hielten sich sowieso dort auf, würden aber durch das Engagement überwiegend Ehrenamtlicher zumindest kurzfristig Menschlichkeit erfahren.
Karin Altenfelder wünscht sich für den Hauptbahnhof eine Langzeitstrategie. „Diese zu erarbeiten, ist Aufgabe der Behörden. Wir unterstützen hier aber gerne mit all unserem Knowhow.“ So könne auf Dauer ein besseres Klima entstehen. „Und dies kommt nicht nur den Wohnungslosen zugute, sondern auch allen, die den Hauptbahnhof täglich passieren - wenn sie auf dem Weg in ihr Zuhause sind.“